StartseitePublikationenBernd HainmüllerNicht abgedruckter Leserbrief zum Schlageter-Denkmal in Schönau

Nicht abgedruckter Leserbrief zum Schlageter-Denkmal in Schönau

Nicht abgedruckter Leserbrief zum Schlageter-Denkmal in Schönau

Bernd Hainmüller

Schwarzwälder Granit für Albert Leo Schlageter in Schönau und die englischen Schüler am Schauinsland

In der Badischen Zeitung vom 9. Mai 2023 findet sich auf der dritten Seite ein Artikel von Stefan Ammann: „Der Kult soll Vergangenheit bleiben“. Darin beschreibt Ammann die derzeitige Situation rund um das Schlageter-Denkmal auf dem Letzberg bei Schönau (Wiesental). Hier liegt das unvollendete Denkmal für einen der großen „Helden“ der Nationalsozialisten bundesweit, Albert Leo Schlageter. 1937 hatte man begonnen, einen 1926 für Schlageter errichteten Obelisken am selben Ort abzureissen, um ein gewaltiges Monument für ihn neu zu bauen. Zu einer Eröffnung an Schla-geters 20. Todestag im Jahre 1943 kam es nicht mehr – bis heute steht die Bauruine über Schönau, ohne dass sich der Gemeinderat darüber einigen konnte, was auf einer Tafel stehen könnte.

Ich habe mir erlaubt, dazu einen Leserbrief an die BZ zu schreiben, der aber ohne Angabe von Gründen nicht abgedruckt wurde. Schade! Der selbe Architekt, der das Schönauer-Denkmal fertigstellen sollte, war auch der Erfinder des "Engländer-Denkmals" am Schauinsland. Im Unterschied zur Gemeinde Schönau hat die Gemeinde Hofsgrund einen Weg gefunden, das Lügengespinst am Schauinsland wegzureissen. 
 

Leserbrief Badische Zeitung vom 9. 5. 2023
„Es ist schade, dass eine Sichtachse zwischen dem Engländer-Denkmal auf Schauinsland und der Schönauer Ruine des Schlageter - Denkmals auf dem Letzberg nicht möglich ist. Beide Orte sind keine 25 km voneinander entfernt und haben eine gemeinsame unheilvolle Geschichte. Leider hat Herr Ammann nicht darauf hingewiesen, was und wer die Klammer zwischen beiden Zeugnissen aus der Zeit des Nationalsozialismus darstellt. Das "Was?" ist der Schwarzwälder Granit, der verbaut werden musste, um der Welt zu zeigen, was "jugendliche Helden" ausmacht und wofür sie gestorben sind. "Blutzeuge" dafür war im Falle Schönau der Freiburger Rektor der Universität, Martin Heidegger, der als im Mai 1933 eingetretener Parteigenosse am 26. Mai 1933, als reichsweit Schlageter-Gedenkfeiern stattfanden, seine auch überregional beachtete Rede hielt:
»Harten Willens und klaren Herzens starb Albert Leo Schlageter seinen Tod, den schwersten und grössten. Freiburger Student, lass die Kraft der Heimatberge dieses Helden in deinen Willen strömen! Freiburger Student, lass die Kraft der Herbstsonne des Heimattales dieses Helden in dein Herz leuchten! Verwahre beides in dir und trage beides, die Härte des Willens und die Klarheit des Herzens in die deutschen Universitäten zu deinen Kameraden. Hier stand und ging Schlageter als Freiburger Stu-dent. Aber nicht lange litt es ihn. Er musste ins Baltikum, er musste nach Oberschlesien, er musste an die Ruhr. Er durfte seinem Schicksal nicht ausweichen, um den schwersten und grössten Tod harten Willens und klaren Herzens zu sterben. Wir ehren den Helden und heben schweigend die Hand zum Gruss.«(Freiburger Studentenzeitung, Nr. 3, 1. Juni 1933, S. 1).Im Falle der am Schauinsland umgekommenen fünf englischen Schüler war es nicht so ganz einfach, sie zu Schwarzwälder Helden zu verklären. Sie starben "als Opfer" der Völkerverständigung zwischen England und Deutschland, obwohl nur die katastrophalen Entscheidungen ihres Lehrers zu ihrem Tode führten.
 
Hermann Alker ist die Klammer zwischen Schönau und Schauinsland
 
Die "Klammer" zwischen beiden Denkmalen stellte der Karlsruher Architekt Hermann Reinhard Alker (1885-1965) dar. Er erhielt 1934 den Auftrag, in Schönau einen »Thingplatz« für 15. 000 Perso-nen zu schaffen. Alkers Modell eines Heldengrabes mit Aufmarschplatz (100 x 75 m) wurde zum Baubeginn im Juni 1937 publiziert. Vorgesehen war, auf dem kleinen Flügel des Letzberges ein »Heiligtum, einen runden Stufenbau in der Art der Hünengräber« zu bauen. Schlageters bereits zweimal umgebettete Leiche (von Düsseldorf nach Schönau und innerhalb des Schönauer Friedhofs) sollte nun erneut transloziert und unter dem riesigen Granitsarkophag beigesetzt werden. Finanziert wurde das Denkmal von Gauleiter und Reichsstatthalter Wagner, der sich freilich seinerseits an zahlreiche Personen mit der Bitte um Spenden wandte. Ebenfalls 1937 erhielt Alker auf Weisung des Reichsjugendführers Baldur von Schirach den Auftrag zum Bau des "Engländerdenkmals" auf dem Schauinsland. Es sollte 1938 mit zahlreichen Gästen aus dem englischen und deutschen Hochadel und dem Besuch des Chefs der Pfadfinderbewegung, Lord Baden-Powell, eröffnet werden. Doch zu einer Eröffnung kam es angesichts des Münchener Abkommens nicht mehr. Statt "Völker-verständigung" gab es Kriegsvorbereitungen zwischen England und Deutschland. Das Schönauer Denkmal, das 1943 fertiggestellt sein sollte, erstarrte zu einer Ruine, als der Schönauer Oberlehrer August Göller im Rahmen der Bauarbeiten auf dem Letzberg eher zufällig einen der grössten und schönsten Gletscherschliffe Deutschlands entdeckte, der das gesamte Projekt ins Stocken brachte. Zunächst schien es zwar, als könne der Bau der nationalsozialistischen Kult- und Feierstätte nicht gestoppt werden, doch Göller schaltete das Geologische Institut der Technischen Hochschule Karls-ruhe ein, das sich umgehend an Reichsstatthalter Wagner wandte. Der Letzbergschliff sei in Schön-heit und Grösse einmalig und müsse erhalten bleiben: »Das kommende Nationalheiligtum wäre der richtige Platz, um dem deutschen Menschen zugleich ein Mahnmal für die ewige urgewaltige Hei-matgeschichte vor Augen zu führen. Unser Volk wird Ihnen, Herr Reichsstatthalter, dankbar sein, wenn Sie sich dafür einsetzen wollten, dass der Gletscherschliff in den Bau des Schlageterdenkmals so einbezogen wird, dass er erhalten bleibt.« Der Letzberg biete die Möglichkeit, »der grossen Masse der Besucher vor Augen zu führen, dass die Ruhestätte des Kämpfers Albert Leo Schlageter ein Platz ist, der vom Feuer und Eis geformt wurde, dass sich gerade an diesem Platz die gewaltigs-te Erdgeschichte dokumentierte«. So wurde aus der Not eine Tugend gemacht - es sei »eine wahrhaft glückliche Fügung, dass gerade am Ort des geplanten Schlageterdenkmals ein Gletscherschliff der Eiszeit gefunden worden ist; denn er wird an die frostige Zeit erinnern, die wir nach dem Kriege erlebten und die durch eine wärmere Gegenwart abgelöst worden ist«.

Diese Argumentation konnte offenbar überzeugen und Alkers Pläne wurden trotz der hohen Kosten abgeändert. Nur Zweidrittel des Lötzbergfelsens wurden gesprengt, die verbleibenden 100 m2 mit einer 2,70 m hohen Mauer umgeben und mit einer ingenieurtechnisch aufwendigen Eisenbetonkonstruktion von ca. 23 m Durchmesser überfangen. Obwohl die Decke, die den Gletscherschliff schützend über-wölbt, im Laufe der Jahre stellenweise einsank, ist der geschrammte Fels noch immer zugänglich. Nach Kriegsende erhielt der naturgeschichtliche Zirkelschluss allerdings einen Riss. Es war nicht, wie es ein oft kolportierter Mythos will, die Sprengung des unvollendet gebliebenen Denkmals durch die Franzosen, die zum heutigen Erscheinungsbild führte. Noch in den letzten Kriegstagen, am 22. April 1945, war Willibald Strohmeyer, Dekan des wenige Kilometer westlich von Schönau im Müns-tertal gelegenen Klosters St. Trudpert, von SS-Männern erschossen worden. Für den Bau einer Strohmeyer-Gedächtniskapelle am Heubronner Eck, die am 31. August 1947 eingeweiht wurde, verwendete man einige der Granitquader der dreistufigen Plattform über dem Gletscherschliff. Das nationalsozialistische Denkmal war zum Steinbruch für ein christliches Denkmal der Nachkriegs-zeit geworden. Dies ist dem Engländer-Denkmal am Schauinsland nicht passiert. Hier stehen inzwischen Hinweistafeln, die die wahre Geschichte enthüllen. Warum soll das in Schönau nicht möglich sein?