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Freiburger Strassenschule gegründet

Freiburger Straßenschule — eine Schule mit Zukunft

Bernd Hainmüller

Er ist Lehrer, braucht aber keine Tafel und keine Kreide, seine Schule hat keine Klassenzimmer und keine Pausenklingel — seine Schule ist die Straße. Uwe von Dücker ist der »erste Straßenlehrer in Deutschland«, wie er selbst sagt. Seit zwei Jahren ist er auf Freiburgs Straßen unterwegs, um »mit Kindern und Jugendlichen Schule neu zu entdecken«. Zwei- bis dreihundert Kinder und Jugendliche sollen es sein, die sich in der südbadischen Großstadt in Richtung Straße orientieren. In der >Bildungsstätte Schule< fallen sie durch ihre Verhaltensweisen oder ihr langes Fehlen auf. Als Ursachen gelten Gewalterfahrungen, mangelnde Zuwendung und keine Sicherheit und Geborgenheit in den Familien. Kommt dann noch die Erfahrung von Schulversagen und Drogenkonsum hinzu, schlagen immer jüngere Kinder den Weg einer >Straßenkarriere< ein, so weisen es etliche Untersuchungen aus. Vor diesem Hintergrund war im September 1997 das Pilotprojekt mit dem Straßenlehrer vom Staatlichen Schulamt und ehrenamtlich tätigen Pädagogen, initiiert worden. Am 20. September 1999 wurde von 80 Teilnehmern der Verein >Freiburger Straßenschule< gegründet. Die engagierten Lehrer aus Haupt- und Förderschulen, Sozialarbeiter, Jugendhilfe-Mitarbeiter, Schulpsychologen, Mitarbeiter in Erziehungs- und Familienberatungsstellen und engagierte Eltern wollen damit den bestehenden Arbeitsformen einen »festen und verläßlichen Rahmen« verleihen, heißt es im Gründungsaufruf.' Ihre Hauptaufgabe sieht die >Freiburger Straßenschule< laut Satzung darin, »Vorhaben, Initiativen, Einrichtungen und Projekte anzuregen, zu fördern, zu begleiten und zusammenzuführen, die sich um Kinder und Jugendliche bemühen, welche aus dem Familien-, Schul- und Jugendhilfesystem herauszufallen drohen und ihren Lebensmittelpunkt in Richtung Straße verlagern«. Straßenschule setzt sich für die Gruppe der nicht beschulten oder als nicht-beschulbar erklärten Kinder und Jugendlichen ein und fördert konkrete außerschulische, schulische und berufsorientierende Angebote. Von Kindern abzuhören, wie sie sich Schule, soziale Begleitung und neuen Umgang mit Erwachsenen erdenken und erträumen, das verwirklicht sich schon seit zwei Jahren in zwei »Werkstattschulen«, die zusammen mit den Kindern entwickelt wurden. Die Jugendlichen misten Ställe aus, fällen Holz oder gehen in die Reben. Im Freiburger Tiergehege Mundenhof hat eine Gruppe aus Natursteinen einen Ziegenstall erbaut. All dies, so die Erfahrung des Lehrers Uwe von Dücker, tun die >Straßenschüler, aus eigenem Antrieb. Vorstellbar seien künftig auch Clowns- und Zirkusgruppen, sogar Maurer- oder Holzarbeiten könnten von den Straßenkids erlernt und in Kleingruppen ausgeführt werden. Die Jugendlichen zeigen dabei ein »großes Bedürfnis nach Wärme, Zuneigung, Liebe und nach einer Begleitung durch Erwachsene«, so von Dückers Erfahrung. Diese Schule kann konkret gewordene Zukunft für alle diejenigen Kinder und Jugendlichen sein, denen eine eher düstere Zukunft droht.

(Siehe auch den Artikel zur Freiburger Strassenschule)