StartseitePublikationenBernd HainmüllerDem Kahlschlag in der Beschulung von Flüchtlingen ein WIR entgegensetzen

Dem Kahlschlag in der Beschulung von Flüchtlingen ein WIR entgegensetzen

Nach der massiven Kürzung der Stundentafeln der VABO-Klassen durch das Land Baden-Württemberg  - vor der wir schon ab Februar 2016 (siehe eigener Artikel) gewarnt haben, sehen wir nur eine Möglichkeit, einen solchen Kahlschlag in der Beschulung von jugendlichen Flüchtlingen in Baden-Württemberg zu unterlaufen: Wir stellen die fehlenden Landesmittel auf die eigenen Beine. Um im Klartext zu reden: Der Kürzung der Stundentafeln von 35 auf 22-25 Wochenstunden sind ausser dem Fach Deutsch alle für einen Anschluss der Schüler in eine Regelklasse der Berufsschule notwendigen Fächer wie Mathematik, Englisch, Naturwissenschaften, Werkstattunterricht zum Opfer gefallen und können nur noch durch das Engagement ehrenamtlicher Kräfte angeboten werden. Selbst der Sportunterricht ist gestrichen. Offenbar ist man im Kultusministerium bei dieser „Umwidmung“ der Meinung, dass die „Marginalisierten“ auch nur „marginalen Unterricht“ brauchen – ein krasser Widerspruch zu den Leitlinien VABO, die vor wenigen Monaten noch galten. Ein solches Spardiktat kann man wohl am einfachsten bei Flüchtlingen praktizieren, ohne die Langzeitfolgen zu bedenken: In Freiburg gibt es derzeit 14 VABO-Klassen, d. h. allein hier wird eine Schülerpopulation von rund 280 Schülern ins Abseits gesteuert; landesweit dürften es mehr als 10.000 sein. Über diese Kürzungen kann man jammern oder etwas tun. Wir haben beschlossen, dass wir diejenigen Hauptfächer, die weggefallen sind, wenigstens zum Teil mit nebenamtlichen Lehrkräften selbst weiterführen (Englisch, Mathematik, Geschichte/Gemeinschaftskunde) und diese aus der Klassenkasse selbst finanzieren.

All das kostet Geld. Woher kommt das Geld für die Bezahlung und die Projekte? Wir haben folgende Aktionen der Schüler vor:
    
     Wir putzen euer Auto /Euer Fahrrad

  • Bewirtung bei einer GLK/Apothekertag 
  • Wem ist die Sauberkeit des Schulgeländes 5 Euro wert?
  • Einpackhilfe in Supermärkten (Weihnachten)

Neben diesen Eigenaktivitäten (die man auch zum Deutschlernen nutzen kann) haben wir im Schuljahr 2015/16 und auch im Schuljahr 2016/17 Menschen und Institutionen gefunden, die uns unterstützen:
      Freundeskreis der Walther-Rathenau-Gewerbeschule

  • Kiwanis Club Freiburg
  • Eric Adler-Stiftung München
  • Joachim Bauer mit einem Spendenaufruf im Dienstags-Colloquium
  •  Einzelspenden von Privatpersonen, die verstehen, warum diese Arbeit wichtig ist
  • Nachlässe bei Eintritten/Referenten, z. B. 1.Hilfe-Kurs, Kletterkurs. Kochstudios

Was machen wir mit dieser Unterstützung?

Wir geben sie direkt an die Schüler/innen in der Arbeit weiter. Im Schuljahr 2015 - 2016 und im jetzigen Schuljahr 2016 - 17 haben wir allein in den beiden Flüchtlingsklassen der Walther-Rathenau-Gewerbeschule VABO 2 + 3  folgende Projekte bereits durchgeführt oder haben sie in Planung. Wir betrachten diese Projekte als Selbsthilfemassnahmen, über deren Wertigkeit für die Integration der Flüchtlingsschüler eigentlich nicht geredet werden muss. Urteilen sie selbst, ob das Geld gut angelegt war/ist.

 SPRICH DEUTSCH – SPRECHANLÄSSE FÜR FLÜCHTLINGE SCHAFFEN!

Stand 10. 10. 2016

ÜBERLEBENSHILFEN IN FREIBURG

  • Stadtbibliothek Freiburg zum Ausleih-Verfahren Bücher, CD´s
  • Erste Hilfe-Kurs Johanniter-Unfallhilfe mit Ersthelfer-Bescheinigung
  • Feuerwehr Freiburg (v a. wie sieht ein Feuerwehrmann aus, wenn er ins Wohnheim  kommt; Notrufnummern etc.)
  • Polizei- für was ist sie alles da? (Abtl. Prävention Polizeidirektion Freiburg)
  • Pro Familia für Mädchen, vorbereitet durch Senior Expert Service
  • ASF Mülltrennung in Freiburg wie geht das?
  • Volksbank/Sparkasse/Banken Freiburg – AZUBI´s erklären Umgang mit Geld 
  • Was kosten eigentlich Führerscheine? Führerscheinstelle/Fahrschule
  • Badenova – woher kommt der Strom? Was kostet er? Wie kann ich Geld sparen?
  • Breisgau-Milch- wo Yoghurt und Milch herkommen (am 13. März 2017)
  • Besuch Badische Zeitung – Wie wir etwas über Mossul erfahren 
  • Wir können auch mitreden; Besuch im Gemeinderat (Junges Freiburg)
  • Verkehrsschule Freiburg, zusammen mit dem ADAC: Wir lernen Fahrradfahren (Vauban Alfred Döblin Platz mit Ehrenamtlichen
  • Was macht ein Hausarzt eigentlich (Arzt in der Schule)
  • Krankenhausbesuch (Diakoniekrankenhaus, Ambulanz und Geburtsstation)
  • Kochkurs „Kochstudio in Kirchengemeinden“ Kath. Familienpflegeschule und St. Albert-Gemeinde Freiburg-Bischofslinde)

AUTOBIOGRAFISCHE ERINNERUNGSARBEIT

  • Kreativ-Projekt (Künstlerisches Gestalten mit zwei Teilnehmerinnen der „Weiterbildung Sozial- und Heilpädagogische Kunsttherapie“ des Instituts für angewandte Forschung,  Entwicklung und Weiterbildung der Katholischen Hochschule Freiburg - siehe eigenen Artikel "Heilsame Wirkung der Kunst"
  • WE CROSS BORDERS ? Stadtfotografen 2016. Bilder einer neuen Heimat. Organisiert von Reinhild Dettmer-Finke u. a. mit 4 Schülern der VABO-Klassen 1+ 2
  • “Fliegender Teppich” – Patchwork Textilprojekt mit der Jugendkunstschule Freiburg (Verschiedene Kulturkreise stellen gemeinsam unter Anleitung von zwei Künstlerinnen der Jugendkunstschule einen Wandbehang her, der jedem Teilnehmer die Möglichkeit gibt, seine individuelle Geschichte zu erzählen, so dass die einzelnen Sitzungen auch als Begegnung und Miteinander wirken können).  

PROJEKT LERNPATEN/INNEN

  • Jeder Schüler von VABO 2 + 3 hat einen Lernpaten, der im bei der schulischen Förderung, Alltagsproblemen, Schriftverkehr etc. hilft. Diese Lernpaten stammen aus allen Freiburger Gesellschaftsschichten vom Rentner/Pensionär, Rechtsanwalt, Professor, Studenten, Schüler. Sie sind für uns UNERSETZLICH und arbeiten ehrenamtlich. Wir suchen noch für 4 neue Schüler Lernpaten/innen.

TROTZ ALLEDEM - KÖRPER UND GEIST FITHALTEN 

  • Kletterkurs mit Mitgliedern des DAV Freiburg (siehe eigener Artikel)
  • Was machen Vereine in Freiburg? (Fußball/Schwimmen/Bogenschießen etc.)
  • Südufer – Chor: Lieder aus aller Welt - jeder kann singen und ein Drittel unserer beiden Klassen singen mi (auch die Lehrer)
  • Move & Groove-AG mit der Jazz- und Rockschule Freiburg bis Dezember 2016; dauerhaftes Arbeiten an Rhythmen, Songs und einer Eigenkomposition
  • KONTIKI Mundenhof (Tierpflege und Pizzabacken plus Ferienpraktikum)
  • Von der Wüste in den Schnee - Skilaufen in Waldau Halbtagesfahrt ÖPVN (Reisekosten/Tagesgeld – Mini boots Leihkosten)
  • Typisch "Deutsch" Kegeln/Bowling in der Sundgauallee
  • Freiburger Fussballschule – was für eine Schule ist das?
  • Wir lernen Schachspielen (Weingarten EKZ)

VORBERUFLICHE ORIENTIERUNG für AUSBILDUNG UND BERUF

  • Abenteuerspielplatz Freiburg Buggingerstrasse 81 b jeweils einwöchige Vorberufliche Praktika für alle Schüler mit Holzarbeiten, Mauern, Betonieren, Schmieden etc.
  • Betriebspraktika für jeden Schüler/in z. B. in: Botanischer Garten Universität Freiburg, Autohaus Gehlert, Autoreparatur Haetti, Fa. Zander, Fa. Weber Metallbau; Friseure; Green City Hotel Vauban; Altenheim St. Konrad; Fa. Streck Spedition etc. Unterstützt durch Schulsozialarbeiterin Frau Trunz, Arbeitsagentur Frau Mirza, HWK Herr Bürkle, Integrationslotsin Südwestmetall Frau Megahed
  • Ferienpraktika Sommerferien (für 15 Schüler/innen mit Unterstützung der Lernpaten)
  • Daimler-Benz Führung Rastatt- Automaten und Menschen -  Tagesfahrt
  • Suchard Lörrach – Schokolade schmeckt jedem (Tagesfahrt ÖPVN plus Zusatz für Lörrach Reisekosten/Tagesgeld) in Verbindung mit Stationäre Drogeneinrichtung besuchen, Müllheim
  • Bundeswehr - Warum sind Deutsche im Nordirak? Besuch bei der Deutsch-französischen Brigade Müllheim
  • Deutsche Essensregeln und Benimm-Regeln (Colombi-Hotel oder Novotel Mercure)
  • Handwerksberufe, die ihr schon kennt - z. B. Der Schäfer in Bollschweil

SPASS MUSS (MANCHMAL AUCH) SEIN!

  • Europa-Park Tag der Frohen Herzen
  • Steinwasenpark – Tagesfahrt (Buskosten, Reisekosten/Tagesgeld)
  • Berlin Fahrt (5 Tage auf Einladung von Bundestagsabgeordnete mit Zuschuss)        

    Wenn Sie die Aktivitäten, die wir durchgeführt haben und durchführen, gelesen haben, werden Sie vielleicht die Frage stellen: Ist das alles aus der "Klassenkasse"? Antwort: Eigentlich gar nicht. Normalerweise zahlen Eltern am Anfang des Schuljahres in eine Klassenkasse...wo aber keine Eltern sind, gibt es keine Klassenkasse..ganz einfach.Ein hochherziger Freund hat aus seiner Stiftung Euro für uns abgezweigt als Klassenkasse. Damit ist einiges möglich geworden. Eine Lernpatin hat ihren Kiwanis Club dafür gewonnen, unseren Schülern Sportschuhe zu kaufen, weil sie barfuss nicht in der Halle Fussball spielen können; einige Institutionen haben auf einen Eigenanteil der Schüler verzichtet...aber irgendwann wird die Kasse bald leer sein. Um ihnen ein Bild zu vermitteln, warum Sie uns spenden sollten, hier ein kleines Beispiel: die beiden Vormittage auf dem städtischen Mundenhof bei Kontiki haben 116 Euro gekostet. Die Mitarbeiter mussten die Rechnung stellen. Weil es eine städtische Einrichtung ist und wir wissen, dass es sog. Gutscheine für "Bildung und Teilhabe in der Stadt Freiburg" gibt, haben wir die bezahlte Rechnung an das Amt für Soziales und Senioren der Stadt Freiburg geschickt, mit der Bitte, uns diese Kosten zurückzuerstatten. Die Kosten waren 7 Euro pro Schüler für 2 Vormittage. Am 23. 5. 2016 schreibt das Amt zurück:

"Um Ihnen die Kosten erstatten zu können, benötigen wir Gutscheine für eintägige Ausflüge aus dem Bildung und Teilhabe Paket. Die Eltern der Kinder erhalten auf Antrag für ihre Kinder.... auch die Leistungen für "Bildung und Teilhabe". Alg II Bezieher können den Antrag beim Jobcenter abgeben. Bezieher von Wohngeld beim Amt für Liegenschaften und Wohnungswesen. Sozialhilfeempfänger stellen ihren Antrag beim Amt für Soziales und Senioren. Zusammen mit dem Bewilligungsbescheid erhalten die Familien die entsprechenden Gutscheine für eintägige Ausflüge. Mit diesen können die Kosten z. B. für Kontiki für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre mit dem ASS abgerechnet werden. Setzen sie sich bitte mit dem Sozialarbeiter der Flüchtlingsunterkunft in Verbindung, dass die Eltern die entsprechenden Anträge stellen".
Offenbar hat noch niemand vom Amt bemerkt, dass jugendliche Bürgerkriegsflüchtlinge entweder alleine, mit halben Familien, mit Onkeln, Schwestern, Brüdern kommen, die Eltern nach den Fluchtwirren oft erst gefunden werden müssen, wenn sie noch leben....und manche unserer Schüler auch älter als 18 Jahre sind. Es ist grotesk, dass die Klassenlehrer einer Flüchtlingsklasse nicht einen pauschalen Antrag stellen können für solche Aktivitäten. Müssen Stadträte auch einen Gutschein beantragen für die Verpflegung bei Stadtratssitzungen? Solange St. Bürokratius umgeht, zahlen wir die Kosten lieber aus den Spenden von Menschen, die unsere Arbeit zu schätzen wissen. Wenn sie uns da beipflichten, können sie uns unterstützen durch ihre Spende auf das Schulkonto Schulgemeinschaft Walther-Rathenau-Gewerbeschule DE5868090000 0001395009 Stichwort "VABO 2+3"